Video gibt es auf den Websites der deutschen Fachzeitschriften fast überall. Doch noch nutzen die Verlage vor allem billiges Agenturmaterial. Qualitativ hochwertige Eigenproduktionen sind Mangelware und werden es wohl auch noch einige Zeit bleiben. Denn die nötigen Videojournalisten hat kaum eine Redaktion. Und inhaltlich kompetente Videodienstleister sind nicht in Sicht.
Der Trend im Internet ist klar: Was heute Text ist, wird Bild, was Bild war, wird Bewegtbild. Wie hoch der Stellenwert von Bewegtbild im Internet schon heute ist, zeigen die Online-Auftritte deutscher Zeitschriften. Bereits gut zwei Drittel der 40 wichtigsten Magazine (gelistet nach Page-Impressions IVW ) bieten ihren Portal-Besuchern Videos an.
Doch gibt es bei den Fachzeitschriften eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Das Oberhaus profitiert online von eigenen TV-Sendungen und greift bei den Online-Videos ins TV-Archiv. Sie setzen auf geldsparende Zweitverwertung und bereiten den bereits existierenden TV-Content als Online-Varianten auf.
Weiterer Vorteil neben dem Geldsparen: Die Videoqualität ist hoch, weil Profis am Werk sind. In der zweiten Liga sind oft noch die Amateure am Werk. Gerne genommen wird auch (Reuters-)Agenturmaterial. Eigenproduktionen von eigenen Online-Videoredakteuren oder gar eigene Videojournalisten sind derzeit Mangelware.
Paradebeispiel für eine gut gelungene Video-Einbindung ist Spiegel Online . Bis zu fünf Millionen Videos monatlich, beziehungsweise 330.000 Video täglich rufen Spiegel-Online-Surfer laut Verlagsangaben ab. Bei ihren Video-Produktionen kooperiert die Online-Redaktion mit dem Spiegel-TV-Magazin.
Auf dem Portal sind mehrmals täglich aktualisierte Spiegel-TV-Nachrichten und Reportagen aus dem Spiegel-TV-Magazin zu sehen. Immer neue Rubriken kommen hinzu: Von Politik, Sport bis zu Kultur-Events. So spart die Spiegel-Gruppe vor allem Geld, da sie auf eigene Produktionen zurückgreift.
Im Gegensatz zu anderen Portalen hat Spiegel Online darüber hinaus eigene Video-Redakteure. Die Redakteure schneiden und vertonen zugeliefertes Videomaterial. Aber auch fremde Formate werden zugekauft wie das Video-Blog Ehrensenf .
Im gesamten Nachrichtengeschäft der Zeitschriften dominieren jedoch zugekaufte Videos der Agentur Reuters . Häufig kommt es vor, dass auf Spiegel, Focus und Stern die gleichen Videos, gleich geschnitten, gleich vertont, laufen. Weil die Nachfrage steigt, wächst aber das Angebot: Die Deutsche Presse Agentur (DPA) und Agence France-Press (AFP) starten jetzt auch Video-Services für deutsche Online-Portale.
Einige Fachzeitschriften wie Chip oder GameStar setzen bereits auf Eigenproduktionen. Eigene Online-Filme zu produzieren ist viel günstiger als TV-Beiträge zu drehen. Für vom Nutzer akzeptierte Videoqualität ist wenig teures Equipment und auch kein teures Fernsehteam nötig.
Damit sinkt auch das Risiko, zu viel Geld in den Sand zu setzen. Den allermeisten Online-Videos sieht man allerdings die Kostenoptimierung an: Sie sind einfach und haben teilweise amateurhaften Charakter. “Online-Nutzer nehmen es nicht übel, dass der Content günstig produziert ist”, entschuldigt Jochen Wegner, Chefredakteur von Focus Online, die Qualität.
In der Regel entstehen diese Online-Videos direkt in der Redaktion. Es kommt schon vor, dass der Hintergrund unscharf ist, als Kulisse das Büro dient und die Sprechertexte unprofessionell sind. Dennoch bieten die Videos den Nutzern einen Mehrwert. Die Eigenproduktionen sind zielgruppengerecht: Geräte-Tests bei der IT-Presse lassen sich via Video besser veranschaulichen. “Videos sind für uns genauso wichtig wie die Artikel”, erklärt Jörg Spormann , Redakteur bei der GameStar: “Onlinevideos sorgen für einen Popularitätsschub und stärken die Präsenz. Außerdem stärken sie die Leser-Blatt-Bindung, da ein Gesicht dahinter steht”. Das Spielmagazin produziert alle Online-Videos im Haus.
Die Redakteure erhalten, “wenn nötig”, eine Schulung und besetzen die Hauptrolle im Film (“Die Redakteure sind unser Markenzeichen”). Immerhin: Der jeweilige Redakteur wird für die Produktion von anderen Arbeiten freigestellt. Mehr Redakteure gibt es deswegen bei GameStar genauso wenig wie bei den meisten anderen Redaktionen. Man setzt auf Arbeitsverdichtung. Spormann: “In-house-Produktionen haben den Vorteil, dass mit Redaktionsbesuchen gleich ein Interview gedreht werden kann”.
Die Videoproduktion ohne Geld treibt mitunter seltsame Blüten. Bei Geo.de wird offenbar fremdsprachiges Fremdmaterial eingesetzt. Statt teurer Nachvertonung laufen die Videos dort einfach als Stummfilme. Und Vogue.de macht es sich noch einfacher: Hier laufen die englischsprachigen Originalvideos.
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