Vor einem Monat fand der Prozess gegen Shawn Hogan statt, der über mehrere Jahre hinweg diverse Affiliate-Programme und sogar eBay betrogen haben soll – und dabei fast 28 Millionen Dollar verdiente. Hogan wurde hier zu 5 Monaten Haft und einer Geldstrafe von 25.000 Dollar verurteilt.
Grund für uns, einmal einen Blick auf dieses Thema zu werfen. Welche Betrugsmaschen sind verbreitet – und wie schützen sich die Affiliate-Netzwerke dagegen? Unseren Fragen stellte sich Mike Weiler, Head of Affiliate bei Tradedoubler in einem Interview.
1. Wie ist der Stand in 2014? Gibt es mehr Betrugsfälle oder weniger als in den letzten Jahre?
Mit dem Thema Fraud hat sich der Affiliate Kanal schon immer beschäftigen müssen, auch heute noch. Wir können nicht feststellen, dass Fraud im Affiliate Marketing über die Jahre bis hin zu 2014 gestiegen sei. Stattdessen stellen wir eher fest, dass die Methodik von Fraud intelligenter und aufwendiger geworden ist. Dies geht zwangsweise auch mit der Tatsache einher, dass die Methodik der Fraud Protection in gleichem Maße intelligenter geworden ist. Ich denke auch stellvertretend für alle großen Netzwerke sagen zu können, dass wir das Thema gut im Griff haben.
2. Welche Betrugsarten kommen am häufigsten vor?
- Cookie Dropping
- Brand Hijacking
- Typosquatting
- Betrug mit gefakten Kundendaten
- Betrug über Adware und Software
Müßte ich die von Ihnen genannten Fraud Methoden gewichten, ergäbe sich folgendes Bild:
- Brand Hijacking (im Sinne Ad Hijacking)
- Cookie Dropping
- Gefakte Kundendaten
- Typosquatting (im Sinne Vertipper Domains)
- Adware / Software
Ich möchte hier allerdings ebenfalls darauf hinweisen, dass es durchaus Kunden gibt, diese Art Fraud zu betreiben ganz gezielt und strategisch für Ihre Bedürfnisse nutzen, bespielsweise die Abbildung von Search auch unter offizieller Freigabe des Brands in geschlossenen Affiliate Gruppen.. Es handelt sich also nicht immer ausschließlich um Fraud. Ich möchte Fraud eher so definiert wissen, dass solche Aktivitäten geheim, also ohne Kenntnis und Rücksprache mit Agentur / Netzwerk oder Advertiser erfolgen.
Desweiteren sind die meisten der aufgeführten Punkte mitunter so aufwändig zu realisieren, dass sie fast nicht mehr ins Gewicht fallen.
3. Welche präventiven Maßnahmen werden gegen solche Betrugsfälle getroffen?
Hier gibt es natürlich und wie oben bereits erwähnt verschiedene Stufen der Prävention.
a. Als aller erstes müssen sich Seiten durch unsere Site Verification automatisiert bei der Anmeldung im Netzwerk verifizieren. Es muß ein Code verbaut werden, der den Zugriff auf die Domain nachweist.
b. KPI Screening: Auffällige Werte oder Veränderungen in den KPIs werden genau untersucht
c. Auffällige Affiliates, die auf den Programmen plötzlich verstärkt Umsätze generieren werden vom Network Quality Team untersucht, im Zweifel auch angeschrieben, um den Traffic zu erklären.
d. Unsere Accountmanager kennen Ihre Accounts, sehen direkt, wenn neue Publisher aktiv werden, gleiches sollte für Agenturen in gleichem Maße gelten
e. Prüfung zum Zeitpunkt der Auszahlung: Änderungen bei den Bankkonten oder Affiliates, die zum ersten mal ausbezahlt werden, werden gesondert überprüft (Referrercheck, etc.)
Ergänzend setzen wir Tools netzwerkübergreifend und nach Risiko ein, um eine automatisierte Überwachung zu erreichen. Identifizieren wir einen Publisher als Betrüger, wird die Vorgehensweise dokumentiert und je nach Situation der Publisher kontaktiert und eine Verwarnung ausgesprochen oder umgehend der Account gesperrt und das Guthaben auf das Konto des Advertisers zurückgebucht. Im Zweifelsfall muss der Publisher nachweisen, dass Traffic und Sales legitim sind und unsere AGB und die Programmrichtlinien nicht verletzt wurden. Als international starkes Netzwerk stimmen wir uns auch regelmäßig mit den Kollegen ab, um entsprechende Trends früher erkennen zu können. Auch Warnungen und Ausschlüsse gelten natürlich Länder übergreifend.
Auch im Screening Prozeß ist es zumeist auf Seite der Kunden und Agenturen wichtig, die Affiliates auf Herz und Nieren zu prüfen. Zudem lindert ein proaktives, wachsames Accountmanagement bei Agentur oder Netzwerk ohnehin die meisten Probleme. Wenn ich meine Affiliates kenne, hält sich auch der Fraud in Grenzen. Zuletzt haben auch Advertiser und Agenturen durch sorgfältiges Stornomanagement die erste, wichtige Transparenz über die Sales Validierung Fraud weitestgehend zu entlarven.
4. Was sind die allgemeinen Maßnahmen bei Betrugsverdacht?
Wenn sich der Betrug bestätigt, wird der Affiliate über das gesamte Netzwerk auch international ausgeschlossen. Im Betrugsverdacht muß wie oben erwähnt der Traffic offengelegt werden. Evtl. muß über Brandwatch Tools etc. gemeinsam der Betrug aufgedeckt werden. Hier ist das Netzwerk mit den Referrern, die Search Agentur oder der Kunde mit Brandwatch etc. gefragt, die Ergebnisse beizusteuern, die zur Enttarnung helfen. Wenn alle Seiten an einem Strang ziehen, kann auch kein Betrug auf einem Programm entstehen.
Sie haben Interesse an dem Thema „Betrug in Affiliate Marketing“ und haben weitere Fragen? Mike Weiler steht am 24. und 25. Juni 2014 auf der Performance Marketing Insights in Berlin zur Verfügung, um Ihre Fragen zu beantworten.